Leitung und Führung – gibt es zwischen diesen beiden Begriffen einen Unterschied?
Für mich, ja. Leitung basiert auf der formalen Position oder Funktion, die eine Person in einem Unternehmen einnimmt. Führung dagegen ist unabhängig von der offiziellen Position, sie basiert auf Zustimmung bei den Geführten. So z.B. im Rahmen der informellen Führung. Schön ist es, wenn Beides in einer Persönlichkeit zusammenkommt. Damit dies möglich wird, braucht es – unter anderem – die individuelle Bereitschaft zur Reflexion und Entwicklung.
Wie sehen Sie das?
Stimmt … hier noch einige Gedanken von mir, um das Thema zu vertiefen:
Führen und Leiten – beides dient dem koordinierten Erreichen eines gemeinsamen Zielens durch eine Gruppe von Menschen (zielgerichtetes Beeinflussen und Manipulieren einer Gruppe). Der zentrale Unterschied liegt allerdings in der formalen Position, die der Führer oder Leiter inne hat: Führen kann man nur (wie schon gesagt), wenn in der jeweiligen Gruppe eine entsprechende Akzeptanz hat (Personal- oder persönliche Autorität). Leiten kann man bereits durch eine formale Position innerhalb der Gruppe (Amtsautorität).
Führung baut in diesem Sinne auf Leitung auf, beinhaltet allerdings eine persönliche Akzeptanz der Gruppe. Diese ist auch zwingend notwendig, um eine Gruppe innovativ und erfolgsorientiert führen zu können. Salopp gesagt: Führung ist eine visionäre Tätigkeit, während Leitung sich lediglich auf die Bestandsverwaltung innerhalb bestehender Strukturen beschränkt.
Strukturell betrachtet erfolgt die Leitung einer Gruppe aus der Gruppe heraus (kooperativer Führungsstil), während die Führung einer Gruppe von der Spitze derselben erfolgt (autoritativ-kooperativer oder nur autoritativer Führungsstil). Das bedeutet:
=> Eine Führungskraft muss aussen vor sein, um den Überblick zu haben, das Zusammenspiel mit angrenzenden Zuständigkeiten beurteilen und zukünftige Aufgabenstellungen erkennen zu können und die Gruppe entsprechend auszurichten und dadurch \”zu führen\”.
=> Ein Leiter bewegt sich nur innerhalb der strukturellen Vorgaben im Hinblick auf seine Kompetenzen und Zuständigkeiten und bildet Schnittstellen zu anderen Zuständigkeitsbereichen. Er \”leitet\” den internen Ablauf , wird darüber hinaus aber nicht tätig.
Auf Organsation und Unternehmen übertragen bedeutet dies:
Man benötigt eine \”Führungskraft\”, die das Unternehmen oder die Organisation führt (strategisch tätig, der sogenannte \”Häuptling\”) und darunter braucht man die \”Leiter\”, die die Massnahmen der Führungskraft umsetzen (operativ-taktisch tätig, oder sogenannte \”Unterhäuptlinge\” oder \”Indianer\”).
Hallo Herr Scheu,
danke für Ihre Ergänzungen. Bis zum Ende Ihrer Ausführungen habe ich \”nickend\” gelesen und bin dann beim letzten Absatz bei einigen Fragen gelandet:
Ist es tatsächlich so, dass, wie sie schreiben, \”unter dem Häuptling die Leiter\” agieren? Unsere Arbeitswelt und die Menschen darin verlangen heute zunehmend nach Alternativen zu althergebrachten festen Strukturen und Hierarchien in der Führung.
Und braucht es nicht auf allen Ebenen – denken wir z.B. an das mittlere Führungssegment in den Unternehmen – authentische \”Führungs Menschen\”?
Vielen Dank für Ihr Gedanken, die zu solchen Fragen führen…
Der grundsätzliche Unterschied ist von Herrn Strobel kurz und nachvollziehbar formuliert. Er ist zwar stimmig, aber nicht in jedem Zusammenhang: in kollegial geführten Arbeitsgemeinschaften (Sozialpädagogik z. B.) ist es nicht unbedingt \”schön\” wenn Führen und Leiten in einer Person zusammen kommen. Da ist gängige Praxis, dass verschiedene Mitarbeiter Führungsaufträge haben oder innerhalb ihrer Aufgabenfeldes bzw. eines Projektes verantwortlich leitend sind. Da ist die Führungsfunktion nicht zu einem Amt geronnen, sondern bleibt permanent im Fluss. Sie bewegt sich wie eine Ich-Qualität von Mensch zu Mensch.
Das ist in primär wirtschaftlichen Unternehmen anders , wo der Leistungsdruck eine top-down Situation zu fördern scheint. Deshalb sind diese Formulierungen (s. Strobel / Scheu) i. B. eher auf Wirtschaftsunternehmen treffend, jedoch nicht generell.
Liebe(r) Frau/Herr (?) Ljubic,
vielen Dank für Ihr Feedback. Zitat: \”Führungsfunktion gerinnt nicht zu einem Amt, sondern bleibt permanent im Fluss\”. Was für ein schöner Satz, dem ich ganz zustimme. Führung hat für mich einen fluiden und wechselhaften Charakter, z.B. abhängig von Kompetenzen.
An anderer Stelle formulieren Sie: \”…. nicht schön, wenn Führen und Leiten in einer Person zusammenkommen\”. Da bin ich anderer Ansicht.
Meine eigenen Erfahrungen sind hauptsächlich Wirtschaftsorientiert, und dennoch glaube ich, dass unabhängig vom System für eine positive Wirkung beide Seiten in einem Menschen zusammen kommen dürfen. Was ich meine ist:
Wenn ein Mensch in einer definierten Rolle/Verantwortung/Funktion/etc. auch Kraft seiner Persönlichkeit andere \”führen\” kann, entsteht eine umfassende und weitgehende Wirkung für alle.
Vielleicht habe ich auch noch nicht verstanden, worauf sie abzielen? Ich bin gespannt.
Hallo zusammen,
ich befasse mich gerade mit diesem Thema im Hinblick auf eine organisatorische Veränderung in einem Betrieb und kann persönlich auf militärische Führungserfahrung zurückgreifen.
Grundsätzlich bedeutet Führung ja:
Einwirken auf Personen oder Sachen um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Wenn ich mich jetzt auf den militärischen (Bundeswehr-)Führungsvorgang zurückbesinne (der in abgewandelter Form seit über 150 Jahren gilt) ist das Kernelement der Führung der sog. Entschluß.
Dieser formuliert eine Antwort auf die Frage(n):
WER macht WAS WIE WANN WOZU.
Im militärischen Bereich (oder anderen Hierarchien) hat der Führer den Vorteil des \”Anspruch auf Gehorsam\”, d.h. er kann Führung disziplinarisch zwar erzwingen, gleichwohl ist mit Auftragserteilung (als Ausdrucksform für Führung) auch immer Verantwortung und Pflicht verbunden, nämlich Bereitstellung von Mitteln und Grenzen (bzgl. Personal, Material, Geld, Wissen, etc.) zur Durchführung.
Insofern würde ich nun Leitung von Führung abgrenzen wie folgt:
Leitung beantwortet keine oder nicht alle Fragen des Entschlusses (z.B. kann \”wozu\” fehlen), ist aber (per Hierarchie) zur Bereitstellung von Mitteln und/oder Grenzen verpflichtet.
Unabhängig von diesen funktionalen Argumenten gibt es natürlich noch die emotional wichtigen Themen wie Führungsstil bzw. Art der Führung – diese sind m.E. aber zweitrangig.
Ich freue mich über Reflexion.
Hallo Herr Leidig,
wenn ich Ihre Ausführungen \”korrekt\” verstehe haben wir Beide verschiedene Erfahrungen und Positionen im Bereich Leitung bzw. Führung. Andersartigkeit ist auch eine Wachstumschance… danke.
Ihren Ansatz zur Abgrenzung der Begriffe verstehe ich als Unterschied in der Klarheit: Führung beantwortet \”alle\” Fragen, Leitung nicht zwangsläufig. Gefolgt wird Beidem aufgrund unterschiedlicher Motivation. Verstehe ich Sie so \”richtig\”?
in der Grundsatzdefinition von Führung bin ich anderer Meinung: Bedeutet Führung tatsächlich – wie Sie schreiben – Einwirken auf ein Ziel? Für mich ist das \”nur\” ein Teil von Führung. Im militärischen Umfeld, wenn ich \”unter Beschuss stehe\” ist Führung in diesem Sinne sicher wertvoll. Dort folge ich gerne und sinnvollerweise der Erfahrung.
In (westlichen) Unternehmen verstehe ich Führung dagegen vielmehr als die Bereitstellung von Entwicklungsräumen für Teams. Entwicklung für Einzelne und Teams möglich zu machen! Dabei bin ich nicht reine \”Führungskraft\” im ursprünglichen, früheren Wortsinne, sondern vielmehr \”Ermöglicher, Vorgeher, Mentor, Begleiter, Verbinder, Dienstleister…\”.
Und genau in diesem Umfeld und mit der damit verbundenen Haltung spielen die – Zitat \”emotionalen Themen\” – die Hauptrolle! Führung ohne (versteckte) Emotionen habe ich in vielen Jahrzehnten nie erlebt, ich glaube nicht, dass es das überhaupt gibt. Was ich dagegen sehr selten erlebt habe und erst in den letzten Jahren zunehmende Akzeptanz findet, ist die offene Anerkennung dieser Tatsache und der bewusste Umgang damit.
Persönlichkeit – und damit Emotionen – macht Führung und Wirkung!
Wie wollen wir heute organisatorische Veränderungen in Unternehmen durchführen oder begleiten, ohne die Menschen emotional mitzunehmen? Wie wird in einer Veränderung auf der reinen Sachebene Akzeptanz und Selbstverantwortung ermöglicht? Wie wollen wir, speziell jüngere, Führungsmenschen erreichen, ohne diese emotional zu berühren? Und wie wollen wir es erreichen, dass nicht \”alle\” Verantwortung, Arbeit und Energie bei EINER Führungskraft liegt sondern gemeinsam im Team getragen wird – mit verteiltem KnowHow, wechselnder Führung und unterschiedlichsten Erfahrungen?
Wie sind Ihre Erfahrungen in dem konkreten Betrieb? Ist Emotionalität, Haltung, Persönlichkeit und Führungsstil dort zweitrangig in der Wirkung?
Hallo Herr Strobel,
nein – nicht einwirken auf EIN Ziel sondern Führung ist (vollständig):
\”Willentliches Einwirken auf Personen oder Sachen um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.\” (Ziel übrigens NICHT im Sinne von Schießen…).
Für was soll Führung ohne Ziel denn schon gut sein?
Letztendlich geht es doch um die Bereitstellung von Informationen:
WER mach WAS WIE WANN WO WOZU.
Sie können diese Informationen verbal und direkt bereitstellen oder indirekt und emotional. Wenn der \”zu Führende\” aber nicht alle Fragen beantwortet bekommt wird es immer etwas schwierig: Emotionen vergehen aber die Sachfrage bleibt erhalten.
Insofern ist m.E. der erste Schritt zur erfolgreichen Führungskraft, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und die Antworten bereitzustellen.
Shared Leadership ist – vor allem im komplexen Umfeld – schon möglich, bedarf aber meistens auch klarer Regelungen. Wenn ein Team Spezialisten \”am Werk\” ist ergibt sich doch auch automatisch eine Führung qua Kompetenz, zumindest für den Moment in dem das Fachthema im Vordergrund steht.
Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist alles (Verantwortung, Arbeit und Energie) zu teilen sondern idealerweise macht jeder das was er am Besten kann oder trägt bei was er hat.
Nochmals Hallo Herr Leidig,
Vielfalt überall heute – so auch in der Führung von Menschen und Unternehmen.
Als Besonders Wertvoll empfinde ich die Tatsache, dass wir diese Vielfalt und auch neue Methoden und Haltungen in unserer Zeit zunehmend ganz konkret umsetzen und in der Praxis ausbauen können.
Hallo, meine Herren,
mit Interesse habe Ihre Diskussion gelesen.
Ich, persönlich, bin nicht aus den Reihen und Aufgaben denjenigen, die große Anzahl von Menschen zu führen oder zu leiten haben. Beschäftige mich damit aber grundsätzlich ganzes Leben sowieso (wie ihr sicherlich auch). Meine Eltern, eigene Familie und dadurch selbstverständlich auch eine entsprechende Persönlichkeitseinstellung bei der Arbeit.
Ich bin überzeugt, dass Führungs- und Leitungsfähigkeit existieren sowieso gleichzeitig in jedem lebenden Menschen. Schon allein sich selbst zu führen und zu leiten beweist dies. Daher die Relevanz der Diskussion darüber, ob die beiden Eigenschaften in einer und derselben Person wünschenswert wären, erübrigt sich.
Nur das Aufgabenfeld bringt die Feinheiten und spezifische Unterschiede. Ob Militär, Wirtschaft, Politik, Ausbildung, Erziehung etc.
Zugleich bin ich dadurch mit euch einverstanden in der Frage, dass Führungsseite ideenreicher und zukunftsphilosophicher ist als Leitungsseite. Schon allein der Wortunterschied verleiht den Unterschied der Gefühlen dazu.
Führung hat nur den Glauben als höheren Halt über sich. Leitung hat noch Führung dazwischen. Aber sowohl in Leitung, als sogar und natürlich auch in den \”Untertanen\” oder \”Geleiteten\” existiert eigenes unabhängiges Glauben, was ein grundlegender Bestandteil der Führung ist.
Ich denke in Wurzeln von jedem ist das Glauben – die führende Seite. Ich meine jetzt nicht ausschließlich den Glaube an Gott, denn jede noch nicht praktisch ausgeführte Idee im Grunde – der Glaube an etwas Übersinnliches :-). Und Glauben befindet sich in jedem innen drin, also auch persönlich unabhängig.
Der Maß der Entwicklung der eigenen Eigenschaften, Führen und Leiten, bestimmt die Position und Aufgabe in einem Team. Jeder erfolgreicher Leiter hat ausreichenden Maß an persönlichen Führungsqualitäten, um leiten zu können. Und definiert für sich selbst die Grenzen seines Ich. Wie eigentlich auch jeder Geleitete.
Ich hoffe, ich werde niemanden betreffen, meine Herren, wenn ich noch anmerke, dass immer größer werdende und umfangreiche Diskussionskommentare verleihen zu Müdigkeit sie bis zum Ende zu lesen :-).
Klare kürzere Gliederung der Aussagen wirkt ruhiger und verständlicher.
Hochachtungsvoll und vielen Dank für Ihre Gedanken.
Hallo Herr Arnakunow,
herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Das zeigt als Feedback zu einem 1,5 Jahre alten Posting einmal mehr, Führung hört nie auf. Ich versuche mal die Kürze, die Sie angesprochen haben:
– Ja, wir alle führen uns selbst und haben damit Führungserfahrung. Und bereits dies ist eine Kunst, die in der Praxis sehr unterschiedlich bewusst gelebt wird, viel Übung braucht und begleitet bzw. gemeinsam leichter fällt…
– Sie schreiben das Maß der eigenen \”Entwicklung\” bestimmt die Position im Team und definiert die Grenzen. Ich bin nicht sicher, ob ich sie \”richtig\” verstehe? Für mich ist es so, dass der Führende immer die Grenzen für das ganze Team setzt. Was in der Führung nicht gedacht, gefühlt, vorgestellt werden kann, ist auch für das Team i.d.R. \”unsichtbar\”. Entspricht dies dem was Sie meinen?
– Zu guter Letzt verbinden Sie Führung und Glauben. Wenn ich beim Glauben Emotionen mit einbeziehe wird es für mich stimmig. Unsere Gefühle haben wir immer mit im Gepäck.
Herzliche Grüße
Stefan Strobel
Hallo, Herr Strobel,
vielen Dank für Ihr Kommentar.
Es wäre wunderlich, wenn die Fragen der Führung, Leitung in der Gesellschaft aufgehört hätten. Zumindest deswegen, weil jeder, der diese Wünsche und Aufgaben hat und auch nocht gut und besser sein möchte, würde sich immer darüber Gedanken machen. 🙂
Ja, genau das habe ich gemeint. Die Führungsqualitäten hat jeder Mensch in sich und der Maß deren entscheidet, ob die Geführten es spühren, fühlen können. Und es ist irrelevant, ob jemand glaubt, in sich einen großen Maß an Führungsqualitäten zu besitzen – nur die Anzahl und Erfolg der geführten geben objektiven Feedback darüber wie gut der Führende ist.
Und mehr und sicherer entscheide ich mich darüber, dass Leitung zwar in den Aufgaben des Führenden sowieso vorhanden ist, aber das ist die zweitrangige Eigenschaft dabei, somit ist die Position der Leitung liegt für mich definitiv unter Führung.
Viele Grüße und schönes Wochenende 🙂
Timur Arnakunow
Nun ja. Leitung besteht gleichenfalls aus einer Kohäsitions- und Lokomotionsfunktion. Darüber hinaus ist die Leitung gesamtverantwortlich, wobei die Führung der Leitung unterstellt ist und wiederum die Mannschaft durch gezielte Vorgaben der Leitung führt. Dabei ist auf Leitungsebene die Kohäsitionsfinktion eminent wichtig, da ohne Kohäsition keine glaubhafte Lokomotion möglich ist.
Hallo Herr Goemann,
danke für Ihren Beitrag. Was Sie über Kohäsion und Lokomotion schreiben, kenne ich noch aus Studienzeiten. Übersetzt in der Praxis bedeutet das wohl: Führung hat die Aufgabe ein unterstützendes und verbindendes Umfeld (Kohäsion) zu schaffen, in dem die anfallenden Aufgaben und Ziele möglichst effektiv erarbeitet werden können (Lokomotion).
Mir ging es damals um Beispiele und eine Diskussion, wie wir in Unternehmen mit den beiden Begriffen arbeiten. Wo Unterschiede liegen können….
Wenn ich es richtig verstehe, formulieren Sie, dass Leitung hierarchisch über der Führung sitzt? Können Sie dafür ein praktisches Beispiel nennen?
Hallo Herr Strobel,
vielen Dank für Ihr Interesse an meinem Beitrag.
Ich darf Ihnen hier an dieser Stelle ein praktisches Beispiel geben, die bei der näheren Betrachtung Licht in die Dunkelheit bringt; auch wenn sie etwas primitiv klingt.
Wir betrachten eine Schafherde mit 100 Schafen, 4 Schäferhunde und einem Schäfer.
Die Frage ist:
Wer leitet die Herde?
Wer führt die Herde?
Viele Grüße
R. Goemann
Guten Tag Herr Goeman,
danke für dieses praktische und leicht nachzuvollziehende Beispiel. Ich bin mit Ihrer Geschichte ein wenig losgegangen und habe verschiedene Menschen gefragt. Das war interessant.
Ergebnis: Beide Begriffe wurden sehr unterschiedlich genutzt, gerne auch synonym. Weitergefragt nach einer Hierarchie, war man sich dagegen einig darüber, dass der Schäfer “oben” steht.
Wie lautet Ihre persönliche Antwort?
Unabhängig der Herkunft im wissenschaftlichen Kontext und Verwendung in der Arbeitspraxis empfinde ich deshalb die Qualität der Verbindung als maßgeblich, z.B. mit der Frage: Warum folge ich jemandem?
Auch unabhängig von Hierarchie, Rolle oder Bezeichnung. Ein Projekt-Leiter ist z.B. oft neben einer Hierarchie angesiedelt und gleichzeitig darauf angewiesen dass ihm die Menschen in seinem Team folgen.
Hallo Herr Strobel,
schön, daß Sie mein Gedankenspiel in die Praxis umgesetzt haben.
Menschen, die schon einmal in den Genuß gekommen sind, eine Schafherde beobachten haben zu können, die wissen ganz genau, wer leitet, wer führt und wer ausführt. Fakt ist: derjenige, der seine Kompetenz bringt, der scheint erstmal kompetent. Doch WIE ist diese Führungsperson kompetent? Kann er führen oder kann er leiten? In wieweit wird die Kompetenz von seinen Mitarbeitern anerkannt?
Welche Kompetenz strahlt die Führungskraft aufgrund seiner beruflichen, oder seiner familiären Aufgabe aus? Der Schäfer ist gesamtverantwortlich für die Herde. Wenn da ein Schaf fehlt, dann ist ist die Bilanz des Schäfers, ehrlich gesagt, im Arsch! Dann sucht er eben einen Schuldigen, der eigentlich nur der Schäferhund sein kann.
Er vertraut seinen Schäferhunden, die ihren Job verstehen und die Herde hüten, denn Hüten macht Spaß, und die Schäferhunde bekommen Futter dafür und können gleichzeitig hieraisch zeigen, was sie können. und auch sehr gerne tun. Die Schafe fühlen sich gut behütet, denn die Hunde halten ihnen die Wölfe vom Hals und sie können in Ruhe Gras fressen und so Fell produzieren, welches die Menschen kaufen und der Schäfer den Erlös hoffentlich wieder in seine Herde investiert. Wenn er das getan hat, dann ist von der Hierarchie her alles sauber gelaufen und er hat verstanden, wer leitet, wer führt und wer arbeitet.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Viele Grüße!
R. Goemann
Auch wenn der letzte Beitrag hier schon wieder bald ein Jahr alt wird, so finde ich gerade dieses Thema außerordentlich interessant und auch immer wieder aktuell.
Ich selbst bin im mittleren Management, habe also sozusagen Vorgesetzte über und auch unter mir. Auch ich unterscheide sehr deutlich die Leitungsfunktion von der Führungsfunktion und versuche, das an einem konkreten, sehr einfachen Beispiel zu erklären:
Ein Vorgesetzter überlegt sich zum Beispiel, welche Aufgaben jeder Mitarbeiter seines Teams übernehmen soll. Im ungünstigsten Fall überlegt er sich die Aufgaben und teilt sie den Mitarbeitern einfach mit. In diesem Fall würde ich diesem Vorgesetzten eine gute Leitungsfunktion bescheinigen – sofern die Mitarbeiter für die jeweils ihnen zugeordneten Aufgaben gut geeignet oder qualifiziert sind. Was die Führungsfunktion angeht würde ich diesem Vorgesetzten eine eher schlechtere Note geben. Er hat seine Mitarbeiter weder in seine Entscheidung mit einbezogen noch hat er eine Diskussion oder ähnliches zugelassen.
Ein Vorgesetzter, der sich die Aufgaben für seine Mitarbeiter überlegt und diese Aufgabenverteilung dann in einer Teambesprechung oder gar Workshop gemeinsam diskutiert, die Gruppe für sich arbeiten lässt, alle Argumente und Aspekte jedes Mitarbeiters berücksichtigt und so möglicherweise zu einem Konsens kommt, würde für mich sowohl in der Funktion als Leiter als auch in der Funktion als Führer besser bewertet werden.
Die Festlegung der Aufgaben der Mitarbeiter würde ich als klare Aufgabe der Leitung sehen. Das Einbeziehen der Mitarbeiter bei dieser Überlegung wäre für mich eine Führungsfunktion. Natürlich ist der zweite Weg deutlich anstrengender. Man muss sich Kritik gefallen lassen, muss diskutieren, sich auseinander setzen und möglicherweise auch einen Kompromiss eingehen. Aber die Zufriedenheit und Akzeptanz der Mitarbeiter wird letztendlich deutlich höher sein. Das macht für mich gute Führung aus.
Leider sehe ich solches Vorgehen eher selten. Meine Erfahrung mit Vorgesetzten sieht eher so aus, dass sie alleine entscheiden, die Mitarbeiter dann vor vollendete Tatsachen stellen und wenige bis keine Kompromisse eingehen wollen.
Auch aus diesem Grund habe ich für mich beschlossen, zunächst einmal nur den Begriff des Vorgesetzten zu verwenden, ggf. noch Leitungskraft. Die Bezeichnung Führungskraft muss sich der Vorgesetzte dann aber erst noch verdienen (bei mir zumindest).
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend
Mit bestem Gruß
Andreas B.