In der Zusammenarbeit mit Kunden gibt es manchmal Entwicklungen, die man zu Beginn nicht vorhersieht, die sich aber im Rückblick als besonders wertvoll herausstellen. Eine solche Erfahrung durfte ich mit einem Kunden machen, dessen Weg vom extern geführten IT-Projekt bis hin zur vollständigen Eigenverantwortung nicht nur erfolgreich, sondern auch nachhaltig war.
Der Anfang: Projektleitung mit klarer Mission
Alles begann klassisch: Ein strategisch wichtiges IT-Projekt sollte umgesetzt werden, intern fehlten jedoch die nötigen Ressourcen zur Projektleitung. Meine Rolle war klar definiert: externe Projektleitung. Der Projektstart folgte einem etablierten klassischen Ablaufmodell – solide, nachvollziehbar, gut steuerbar. Mit der Zeit entwickelten wir uns gemeinsam weiter und integrierten agile Elemente: Sprint-Planung, Retrospektiven, crossfunktionale Abstimmungen. Es wurde lebendiger, flexibler und das Team übernahm zunehmend Verantwortung.
Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Aber nach rund zwei Jahren stand das System technisch stabil, organisatorisch eingebettet und im Unternehmen angekommen.
Der Übergang: Vom Umsetzer zum Begleiter
Nach der Übergabe stellte sich heraus: Im Alltagsbetrieb blieben Fragen offen. Der Betrieb war komplex, das Tagesgeschäft fordernd und nicht alles konnte intern sofort gelöst werden. Gemeinsam mit der Geschäftsführung überlegten wir, wie eine pragmatische und nachhaltige Unterstützung aussehen könnte. Das Ergebnis war, ich blieb für sechs Monate als Projektbegleiter an Bord.
Das war kein operativer Einsatz mehr, jetzt ging es um Orientierung, Struktur und Entscheidungsfindung. Ich moderierte die Sprints und Retros, brachte Impulse von außen ein, und hielt die Energie hoch. Ich blieb dabei bewusst auf Distanz. Genau das eröffnete eine neue Perspektive im Team. Die eigene Verantwortung wurde greifbar. Die Frage „Wie würden wir es ohne externe Unterstützung machen?“ wurde zur praktischen Übung.
Der Wandel: Vom Begleiter zum Mentor
In dieser Phase entstand etwas Entscheidendes: Eine Mitarbeiterin übernahm Schritt für Schritt die Betreuung des Systems. Nicht, weil sie musste, viel mehr weil sie wollte.
Ich begleitete sie erst aktiv, dann zunehmend im Hintergrund auf diesem Weg. Heute, ein Jahr später, bin ich Mentor. Keine regelmäßigen Meetings mehr, keine operative Verantwortung. Stattdessen: punktuelle Impulse, wenn sie gebraucht werden. Die Entscheidung, mich einzubeziehen, trifft die interne Betreuerin selbstständig. Sie greift immer dann auf externe Expertise zurück, wenn es sinnvoll und effizient ist
Selbstständigkeit, die bleibt
Welchen Mehrwert hat das für den Kunden gebracht?
- Souveränität im Tagesgeschäft, ohne von externer Hilfe abhängig zu sein
- Gezielte Unterstützung, genau dann, wenn sie gebraucht wird
- Wissensaufbau im Team, der bleibt – auch wenn ich gehe
- Kulturwandel, weg vom Reagieren hin zum Gestalten
Für mich als Berater ist das der Idealzustand: Wenn ein Kunde eigenständig stark wird. Wenn Wissen nicht nur vermittelt, sondern verankert ist. Und wenn aus einem Projekt eine Partnerschaft entsteht, die auf Vertrauen und Wachstum basiert. Auch, wenn man sich monatelang nicht hört.
Mein Fazit:
Manchmal bedeutet gute Beratung, sich selbst überflüssig zu machen – oder zumindest sehr viel seltener gebraucht zu werden. In diesem Fall war der Rollenwechsel vom Projektleiter zum Mentor nicht nur logisch, sondern richtig. Für den Kunden. Und für mich.